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© Christina Lechner

„Wir haben immer ein Ziel!“

17.05.2020 - In Teil 4 unserer Serie „So kommen wir im Pferdesport gut durch die Krise“ berichten Maria Lehrmann, international erfolgreiche Trainerin und Longenführerin, sowie Katharina Luschin, Europameisterin 2019 und Weltranglisten-Erste im Einzel, über ihre derzeitigen Strategien im Voltigier-Training. Das Gespräch führte Sportpsychologin Christina Lechner


Ihr zählt zur Weltspitze im Voltigiersport. Wie wirkt sich die Corona-Situation aktuell auf das Training aus?
Maria Lehrmann: Im Einzeltraining achten die VoltigierInnen genau darauf schon beim gemeinsamen Aufwärmen die Abstände einzuhalten, auch arbeiten wir nur in Kleingruppen der Halle. Am Pferd wird nur einzeln trainiert, wobei wir nach der mehrwöchigen Pause zunächst bewusst mit leichten Übungen eingestiegen sind. Nach wie vor achten wir besonders darauf, das Risiko so gering wie möglich zu halten.

Wie wirken sich die Turnierabsagen und -verschiebungen auf Eure Zielsetzungen aus?
Lehrmann: Bis zur definitiven Absage der zunächst für Juli geplanten WM haben wir im Kopf immer darauf hintrainiert. Derzeit ist sie für Oktober angesetzt. Wir müssen ohnehin im Pferdesport generell sehr flexibel sein und uns sowohl im Training mit den VoltigiererInnen als auch im Pferdetraining immer wieder auf neue Situationen einstellen. Jetzt stehen wir vom Trainingsplan in einer Situation, die wir üblicherweise im November, am Ende der Saison haben. Dafür haben wir jetzt ein schönes Sommertraining vor uns und arbeiten ohne Turnierstress an Details oder der Korrektur von Basis-Elementen und halten die Pferde fit.

Neben dem Training am Pferd hat im Voltigieren das Trockentraining einen hohen Stellenwert. Wie funktioniert es jetzt?
Katharina Luschin
: Wir haben eine super Lösung mit Hilfe von Skype gefunden: Das bedeutet, wir trainieren gleichzeitig daheim auf dem eigenen Holzpferd, wärmen uns davor selbständig auf und machen dann die Übungen nach Anweisungen der Trainerin – das funktioniert eigentlich super! Seit den Lockerungen der Corona-Maßnahmen können wir jetzt auch als Gruppe wieder gemeinsam trainieren, aber nur einzeln auf mehreren Holzpferden nebeneinander.

Maria, wie gestaltest du im Moment die Nachwuchs-Arbeit? Ein Training für EinsteigerInnen ist ja im Moment nicht möglich.
Lehrmann
: Mit den etwas fortgeschritteneren Gruppen habe ich zunächst auch über Skype gearbeitet, wobei die Kinder jede Woche neue Aufgaben bekommen haben. Wir haben sogar eigene „Challenges“ gemacht, die allen viel Spaß gemacht haben. Trotzdem sind alle auch beim Skype-Training immer total konzentriert bei der Sache. Derzeit beginnen wir stufenweise mit dem Training im Verein, jedoch in kleineren Gruppen als sonst und auch mit einem zweiten Trainer. Den EinsteigerInnen biete ich dann eine Verlängerung der Kurse bis Juli an. Gerade für AnfängerInnen ist ein Trainings-Rückstand von ein oder zwei Monaten aber sicher kein Problem.

VoltigiererInnen kümmern sich üblicherweise gemeinsam um die Pferde – gibt es da Probleme mit dem Abstand halten?
Lehrmann
: Nein überhaupt nicht! Bei den jüngeren achten wir TrainerInnen auch sonst sehr genau darauf, dass nie zu viele gleichzeitig bei einem Pferd sind. Es gibt eine ganz klare Aufgabenteilung und da halten sich alle daran.

Es sind bereits Online-Bewerbe im Voltigieren geplant. Wie steht Ihr dazu?
Luschin
: Solche Online-Bewerbe sind sicher eine gute Möglichkeit zur Leistungsüberprüfung. Auch wenn mir persönlich dabei das typische das Flair der Turniere fehlt.

Lehrmann: Ich sehe solche Online-Turniere im Moment auch als Möglichkeit, zielorientiert an der Kür-Choreographie zu arbeiten. Natürlich würden wir uns freuen, sobald es die Corona-Situation zulässt wieder bei einem Turnier zu starten.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Top 3-Strategien gegen die Krise von Maria Lehrmann und Katharina Luschin:

Immer ein Ziel vor Augen: Trotz Turnier-Absagen und Verschiebungen setzen sich die Spitzen-Voltigiererin und ihre Trainerin immer ein ganz bestimmtes Ziel. Jüngere AthletInnen motiviert Lehrmann zusätzlich durch spielerische „Challenges“.

Teamwork mit Distanz: Voltigieren ist Einzel- und Teamsport zugleich. Auch wenn aktuell kein Gruppentraining am Pferd stattfinden kann, trainieren die „Voltis“ gemeinsam nebeneinander auf Tonnenpferden - der Teamgeist bleibt erhalten!

Trainings-Disziplin: Beim Trockentraining daheim wird genauso exakt aufgewärmt wie im Verein; die Trainerin gibt die Anweisungen und überprüft die korrekte Ausführung per Video.

Zur Person:
Maria „Lilli“ Lehrmann ist Trainerin und Longenführerin und gilt als „Leitfigur“ im heimischen Voltigiersport; seit 2005 konnte sie gemeinsam mit den von ihr betreuten VoltigiererInnen 16 Medaillen bei Europa- und Weltmeisterschaften holen, 4 davon in Gold.

Katharina Luschin voltigiert seit ihrem 7. Lebensjahr und gehört sowohl im Einzel als auch mit der Gruppe des URC Wildegg zur Weltspitze; zuletzt gewann sie 2019 EM-Gold im Einzel sowie mit der Gruppe und liegt aktuell auf Platz 1 der Weltrangliste im Damen-Einzel. Als ausgebildete Physiotherapeutin arbeitet sie in der Hippotherapie am Zentrum für Entwicklungsförderung.

Headerbild: (c) Christina Lechner