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© Dominik Rauscher

Über Fairness und Verzicht

20.05.2020 - In Teil 5 unserer Serie „So kommen wir im Pferdesport gut durch die Krise“ gibt Tierärztin und Dressur-Trainerin Barbara Röder praktische Tipps für Stall- und PferdebesitzerInnen sowie ReiterInnen. Das Gespräch führte Sportpsychologin Christina Lechner.


Wie erlebst Du aus Sicht der Tierärztin die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Pferdesport?
Barbara Röder: Für die Tätigkeit als Tierärztin selbst gab es klarerweise keinerlei gesetzliche Einschränkungen, zudem hat uns die Tierärztekammer stets sehr gut mit Informationen versorgt was die Vorsichtsmaßnahmen zum eigenen Schutz bzw. zum Schutz unserer Kundinnen und Kunden angeht: Das betrifft den Alltag in der Kleintierpraxis genauso wie Empfehlungen im Kontakt mit Pferdebesitzerinnen und Pferdebesitzern bis hin zur möglichen Versorgung eines Betriebes unter Quarantäne. Selbst habe ich so viel wie möglich telefonisch abgeklärt, auch um mich und meine Familie vor einer möglichen Ansteckung zu schützen.

Die Arbeit mit Pferden ist jetzt zum Glück wieder gut möglich. Was hast du rückblickend aus der Zeit der massiven Einschränkungen mitgenommen?
Röder
: Als Reiterin und Trainerin war mir abseits der gesetzlichen Vorgaben auch die Fairness ganz wichtig. Wenn wir uns alle in unseren Freizeitaktivitäten einschränken müssen, dann sollte sich jede und jeder überlegen, was ist wirklich nötig. Natürlich muss die Grundversorgung des Pferdes immer sichergestellt sein, aber ein Ausritt kann auch einmal warten. Ich bin selbst zwei Wochen lang nicht geritten und habe dafür die Pferde von Besitzerinnen und Besitzern aus der Risikogruppe longiert. Gemeinsamer Verzicht macht es schon einfacher.

Welche persönlichen Tipps kannst du als Trainerin in der aktuellen turnierlosen Phase weitergeben?
Röder
: Während der ganzen Zeit war ich mit meinen Schülerinnen und Schülern sehr eng in telefonischem Kontakt und gerade Turnierreiterinnen und Turnierreiter nutzen – so wie ich selbst auch – die Zeit jetzt auch um Neues auszuprobieren anstatt für das nächste Turnier zu trainieren: etwa gebisslos oder mit Halsring zu reiten oder Bodenarbeit zu machen Da bekomme ich zum Teil ganz erstaunliches Feedback, wie gut es mit Sportpferden funktioniert und wie schöne Erlebnisse mit dem Pferd dadurch entstehen. Natürlich sollte dabei kein Risiko eingegangen werden und nur Dinge gemacht werden, die man sich wirklich zutraut. Auch wäre jetzt eine gute Zeit den unabhängigen Sitz zu verbessern, denn Grundlagenarbeit kann nie genug geübt werden

Es gibt aufgrund der Abstandsregeln und zeitlich beschränkter Zugänge für PferdebesitzerInnen nach wie vor hohe Anforderungen an das Stallmanagement – worauf sollten BetreiberInnen von Reitställen achten?
Röder
: Das ist kaum pauschal zu beantworten, denn es kommt immer auf die Art des Einstellens an. Während etwa ein Pferd mit einem Lungenproblem täglich inhaliert und bewegt werden sollte, ist der Bedarf an Versorgung durch die Pferdebesitzerinnnen und Pferdebesitzern bei Offenstall- oder Weidehaltung dagegen weniger intensiv. Im Stall, wo meine eigenen Pferde eingestellt sind, haben Besitzerinnen und Besitzer aktuell 1,5 Stunden Zeit für die Versorgung ihrer Pferde. Die Einschränkungen sind nötig um den Kontakt zwischen EInstellerinnen und Einsteller sowie Stallpersonal zu vermeiden. Wir müssen schließlich weiterdenken und überlegen was es hieße, wenn das Stallpersonal erkrankt oder ein Stall womöglich unter Quarantäne gestellt werden muss. Unter diesem Blickwinkel sind solche Einschränkungen sicher nötig und es sind alle StallbesitzerInnen gefordert gute Lösungen entsprechend den gesetzlichen Regelungen und den Bedürfnissen der Einsteller zu finden.

Du musstest selbst Ausbildungskurse absagen – wie planst du jetzt die nächsten?
Röder
: Ich möchte sobald es geht wieder Ausbildungen zum Pferdesamariter anbieten. Beim theoretischen Unterricht wäre dies
derzeit in Kleingruppen zwar schon möglich, doch wegen der praktischen Übungen muss ich noch abwarten, denn zum Beispiel beim Anlegen von Verbänden müssten zwei TeilnehmerInnen enger zusammenarbeiten. Ich hoffe aber, dass im Herbst solche Fortbildungen für wissbegierige und pferdebegeisterte Menschen wieder möglich sein werden.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Top 3 Strategien gegen die Krise von Barbara Röder:
Umsichtiges Stall-Management: Eine vernünftige Zeit-Einteilung ermöglicht allen PferdebesitzerInnen die Versorgung ihrer Pferde bei gleichzeitiger Reduktion des Infektionsrisikos.
Fairness: Wenn sich alle an die nötigen Beschränkungen halten fällt der gemeinsame Verzicht leichter.
Neues ausprobieren: TurnierreiterInnen könnten die Zeit nutzen um alternative Reitweisen zu erproben: Pferde und ReiterInnen schätzen die Abwechsung!

Zur Person:
Dr. Barbara Röder ist selbständige Tierärztin für Pferde und Kleintiere in Niederösterreich sowie ausgebildete „Fire&Emergency Vet“ und Tierphysiotherapeutin. Als Referentin für Pferdesamariter hält sie regelmäßig Forbildungen für PferdebesitzerInnen und unterrichtet in der Tierpflege-Ausbildung. Als staatlich geprüfte Trainerin unterrichtet sie ReitschülerInnen bis Klasse S, selbst besitzt sie drei Pferde.

Headerbild (c) Dominik Rauscher