Anschaulich: Dr. Clemens Croy mit seinem Pferd Fridolin mit aufgemaltem Skelett. Foto © Elke Krischan
Gelungene Fortbildungsveranstaltung des OEPS Ende März im ECA Gerasdorf. Der Deutsche Ausbildungs-Experte Jochen Künnke zeigte 50 TeilnehmerInnen worauf es beim Anreiten junger Pferde ankommt.
Am 25. März fand im ECA Gerasdorf eine Fortbildungsveranstaltung für Ausbilder statt. Der bekannte deutsche Ausbilder, ehemaliger Vorsitzender der deutschen Richtervereinigung und früherer Leiter des FN Ausbildungsreferates Jochen Künneke zeigte den 50 TeilnehmerInnen wie Pferde auf das Anreiten vorbereitet werden, das Anlongieren, Aufsitzen und das Reiten junger Pferde. Er wies darauf hin, dass bereits bei der Aufzucht das gute Anreiten vorbereitet wird. Auch bei jungen Pferden ist der Ausbildungsskala nach zu arbeiten. Also zuerst Taktsicherheit, dann Losgelassenheit und Anlehnung. Er wies darauf hin, dass junge Pferde, die eine vielseitige Grundausbildung bekommen (also auch über Stangen und im Gelände) besser lernen mit ihrem Körper zurecht zu kommen. Die Wichtigkeit korrekter Hilfengebung wurde anhand eine Pferdes mit aufgemaltem Skelett demonstriert.
Vorsichtig: Richtiges erstes Aufsitzen mit dem Experten Jochen Künneke als Helfer. Foto © Elke Krischan
Das Anreiten eines jungen Pferdes ist ein besonderer Eingriff in seinem Lebensweg. Der dabei zwangsläufig auftretende Stress kann jedoch erheblich abgemildert werden durch eine schrittweise durchdachte Vorgehensweise. Idealerweise sollte bereits im Fohlenalter und während der ersten Lebensjahre eine vertrauensbildende Gewöhnung an den Menschen vollzogen werden.
Frühzeitige Halfterführigkeit, Körperkontakte einschließlich Hufpflege, Tierarzt, Auftritte bei Fohlenschauen, Transporte mit der Mutter sowie ab zwei Jahren Gewöhnung an Trense, Frisieren und öffentliche Auftritte (z.B. Stutenschau) können sich als hilfreich erweisen.
Das Anreiten selbst sollte in sehr ruhiger Atmosphäre einer nicht zu großen Reithalle stattfinden.
Empfohlene Arbeitsschritte können sein:
1.) Longieren mit Trense auf einem abgeteilten 20x20m Hallenteil.
2.) Gewöhnung an Gurt, zunächst mit dehnbarem Gummigurt, später mit Longiergurt.
3.) Erster Sattelkontakt, zunächst mit gut fixierten Bügeln, später bis hin zu frei hängenden Bügeln.
4.) Behutsames ausbinden und langsames erlernen der Anlehnung.
5.) Tägliches Vertrautmachen mit dem Reiter, zunächst nur durch Anheben des Reiters an der linken Körperseite des Pferdes, dann behutsames Drüberlegen des Oberkörpers über den Sattel, erstes Hineinschieben der linken Fußspitze in den Bügel, vorsichtiges Erheben des Oberkörpers im linken Bügel stehend, langsame Armbewegungen rechter Arm, danach rechtes Bein zur Pferdekruppe. Dabei immer wieder wenige Schritte führen und für Entspannung des Pferdes sorgen.
6.) Aus der Stehsituation des Reiters im linken Bügel langsames Hinüberbewegen des rechten Beins und ruhiges Einsitzen in den Sattel. Der Ausbilder steht dabei links am Pferd, hält absolut die Longe fest, sollte gleichzeitig mit der rechten Hand das rechte Auge des Pferdes vorsichtig beschäftigen, um ein Erschrecken durch das Hinüberschwingen des Reiterschenkels zu vermeiden.
7.) Anführen des Pferdes im Schritt an der kurzen Longe, erst später erweitern des Zirkels.
Mit den ersten Schritten und der weiteren Bewegung unter dem Reiter darf das Pferd nicht mehr ausgebunden sein.
Kompetent: Ausbildungsexperte Jochen Künneke. Foto © Elke Krischan
WICHTIGE ANMERKUNGEN
+ Beginnend mit dem ersten Longieren sollte nur eine (!) Bezugsperson in der Arbeit mit dem Pferd vorhanden sein. Diese muss erfahren und absolut sicher auftreten. Präsenz ist für Vertrauensbildung und Gehorsam besser als viel Gerede in blumigen Worten oder autoritärer Sprache.
+ Der Ausbilder am Pferd ist durchgehend verantwortlich. Der Reiter hat sich absolut unterzuordnen, er muss sich aber auf den longeführenden Ausbilder verlassen können.
+ Jeder der o.a. Arbeitsschritte sollte abgeschlossen sein, also vom Pferd mit Selbstverständnis und Entspannung quittiert worden sein, ehe mit dem nächsten Schritt begonnen wird. Der Zeitbedarf bis zum ersten Reiten kann individuell variieren von wenigen Tagen bis zu mehreren Wochen.
+ Tägliche Arbeit innerhalb des o.a. Programms ist sinnvoller als immer wieder Pausen über Tage hinweg zu machen, beginnend mit wenigen Minuten bis zu ca. 20 Minuten.
ERSTE GRUNDAUSBILDUNG
Die erste Arbeit ist zu sehen wie das Erlernen des kleinen 1x1:
+einfache Hufschlagfiguren in Schritt und Trab, erst später Galopp
+kennenlernen des treibenden Schenkels, danach äußere Hilfen
+wichtigste erste Lektion ist die halbe Parade
+insgesamt: Entwicklung der Balance unter dem Reiter.
Merke: Mit Geduld gewinnt man Vertrauen und Zeit!