Der 28 jährige Oberösterreicher Rainer Pointl ist Weltmeister:
"Ich habe mir die 2 vor mir liegenden Fahrer, im Hindernisparcours nach meiner Fahrt angesehen, und immer nur daran gedacht – ich habe eine Bronzemedaille. Wie in Trance bemerkte ich gar nicht, wie ich zuerst auf den zweiten Platz vorrückte und dann, nach dem Überfahren der Ziellinie des Ungarn, der zu den 3 Fehlern von einem Abwurf, auch noch die wenigen Zeitfehler auf sein Konto gutgeschrieben bekam – begann ich erst zu realisieren was in den letzten Minuten geschehen war. Ich war Weltmeister. Mit meiner 2 jährigen Tochter Michelle am Arm, meiner Familie um mich, erlebte ich diesen unfassbaren Glücksmoment“
Der starke Zusammenhalt der Familie Pointl, ist ein wichtiger Teil für den Erfolg und die Nervenstärke des Rainer Pointl´s. Sein Vater Albert, 4. der Weltmeisterschaft, es war seine 13.WM, und Mitglied der siegreichen österreichischen Mannschaft:
„Wir können diesen aufwendigen, fast ausschließlich von Profis mit Sponsorenunterstützung ausgeübten, Gespannfahrsport, nur mit dem Zusammenhalt und der 100% Unterstützung der gesamten Familie, den Freunden und Vereinskollegen machen. Alle stehen hinter uns und unterstützen uns mit sehr viel Engagement und Mitarbeit. Sonst wäre so Vieles nicht möglich. Jeder Urlaub wird in Turnierstarts investiert, die Familie muß so oft zurückstecken – aber gemeinsam schaffen wir es erfolgreich zu sein. Mein Vater hat mich als Junge vor die Alternative gestellt – willst` ein Moped oder ein Pferd? – ein Fohlen war meine Entscheidung und der Weg als rossnarrische Familie nahm seinen Anfang.“
Rainer begann mit dem Fahrsport als 13 jähriger im Jahre 1990, mit einer Sondergenehmigung des Verbandes, und der Auflage seinen Vater als Beifahrer bei sich zu haben, mit seinem ersten Turnier in Stadl Paura. Knapp von Georg Mosers Vater, auf den 2. Platz verwiesen, brachte er seinen ersten Pokal nach Hause. Der damals bereits hoch im Alter stehende Familien - Haflinger „Wigand“, der das stolze Alter von 39 Jahren erreichte und somit eines der ältesten Pferde Österreichs wurde, war neben seinem Vater Albert, Rainers Lehrmeister der ersten Stunde.
Rainers Interesse galt damals noch hauptsächlich dem Schifahren und dem Fußball, und hin und wieder wurde aus Spaß ausgeritten.
1993 begann dann die reiterliche Laufbahn, die durch Landesmeistertitel in den Sparten Dressur, Springen und Vielseitigkeit gekrönt wurde. „Hin und wieder bin ich auch ein kleines Turnier gefahren, oder war Beifahrer bei meinem Vater“.
1996 intensivierte sich die fahrsportliche Aktivität des Viechwangers und der erste internationale Turnierstart war im Jahre 1998. Seither pflastern ettliche Landes- und Bundesmeistertitel, nationale und internationale Siege und die 4 Teilnahmen bei Weltmeisterschaften seinen fahrsportlichen Weg.
Auf die Frage nach den so erfolgsbringenden Trainingsmethoden antwortet Rainer:
„Wir fahren unsere Pferde täglich. Ich trainiere unabhängig von meinem Vater – jeder macht sein eigenes Programm. Jeden Tag nach der Arbeit wird eingespannt. Sie sind ständig im Training – Ein-, Zwei- und Vierspännig werden die Pferde gefahren. Dressur und Kegelfahren wird geübt – aber hauptsächlich fahre ich locker spazieren- die Pferde haben schon viel Routine. In der Ausbildung werden sie, insbesondere am Anfang, sehr viel geritten. Ich habe die einzelnen Pferde oft bis spät in der Nacht und bei Minusgraden in der Halle Dressur geritten – schön locker vorwärts- abwärts. Aber auch Stangen- bzw. Cavalettiarbeit ist wichtig. Auch Springprüfungen bin ich mit unseren Fahrpferden geritten. Ich trainiere die einzelnen Pferde individuell – aus dem Bauch raus. Oft denke ich wenn ich fahre, was würde ich machen, wenn ich das Pferd jetzt unter dem Sattel hätte und versuche dass auch vom Kutschbock aus zu tun. Reiten ist der beste Ausgleich für ein Fahrpferd – ebenso zum korrigieren und am Anfang kann sehr viel vom Sattel aus mit dem Pferd gearbeitet werden. Aber im allgemeinen ist zu sagen, dass wir Pferde fahren, mit denen irgendwann jemand nicht mehr zurechtgekommen ist, die normal gefüttert werden, vom Vater einen Standardbeschlag bekommen, viel bergauf im Trab gefahren werden, um die Hinterhand zu stärken, das ist eigentlich Alles“
Auffallend war, dass die Pointl´s im Marathon ihre Pferde mit Doppelringtrensen fuhren, im Gegensatz der, sonst immer schärfer werdenden Gebisse, die im Tuniersport zum Einsatz kommen:
„Beim Marathon kommt man in den engen Wendungen nicht mehr dazu mit nachgebenden Leinenhilfen zu fahren – und um die Pferdemäuler zu schonen wählen wir diese weiche Gebissart. In der Dressur und im Hindernisfahren wird großer Wert auf den nachgebenden Fahrstil nach Achenbach gelegt, da kommen normale Fahrkandaren zum Einsatz. In der Ausbildung, insbesondere der Ein- und Zweispänner ist die Fahrlehre nach Achenbach die Grundlage.“
Albert Pointl, ist stolz auf seinen Sohn:
„Die Zukunft gehört der Jugend. Rainer fährt meine Pferde und hat Vorrang beim Zweispännigfahren in der Familie. Rainer ist der ruhigere von uns. Bei mir muss in einer Trainingseinheit etwas funktionieren und weitergehen. Er arbeitet mit weniger Druck, langsamer führt er die Pferde zur Leistung heran. Rainer ist der ruhigere, ausgeglichener, introvertierte Charakter im Hause Pointl.“
Es ist nicht leicht im internationalen Gespannfahrzirkus als Amateur dabei zu sein. Rainer arbeitet als Betriebsschlosser und hat nur mit der Auflage seines Chefs frei bekommen, dass er den Weltmeistertitel aus Salzburg mitbringt.
Das Interview führte die Medienbetreuerin des Referats Fahren - Jaqueline Zimmermann
Foto: Michael Rzepa