Weltkulturerbe Hufbeschlag

16.10.2024 - Ursprünglich diente die Hufbeschlagskunst dem Überleben der Menschen durch die Nutzung von Pferden als Reit-, Zug- und Lastentiere. Heutzutage liegt der Fokus vor allem auf dem Einsatz von Pferden im Sport-, Kultur- und Freizeitbereich sowie in der tiergestützten Therapie. Hufschmied:innen spielen in all diesen Bereichen eine entscheidende Rolle für die Gesundheit der Pferde, indem sie eng mit Tierärzt:innen zusammenarbeiten – denn „ohne Hufe, keine Pferde!“ Die traditionelle Hufbeschlagskunst wird von einer Gemeinschaft von rund 400 qualifizierten Hufschmied:innen gepflegt.


Der/die Hufschmied:in berücksichtigt beim Hufbeschlag verschiedene Faktoren wie den Verwendungszweck des Pferdes, den Körperbau, die Größe, das Gewicht, den Hufzustand und die Bodenverhältnisse. Beim Beschlagen werden dem Pferd Hufeisen angepasst, wobei die Materialien vielfältig sind und nicht nur aus Eisen bestehen. Es werden unterschiedliche Metalle wie Eisen, Stahl, Aluminium oder Kunststoff in verschiedenen Stärken und Härtegraden verwendet. Hufschmied:innen sind berufsbedingt vielfach mit ihrer mobilen Werkstätte auf Reisen zu den jeweiligen Gestüten oder Landwirtschaftsbetrieben.

Hufbeschlag als wichtiger Faktor

Hufschmied:innen formen vorgefertigte Hufeisen mit Hammer, Zange und Amboss durch Stauchen, Strecken, Treiben und Lochen. Dadurch wird das Hufeisen individuell an den Huf des Pferdes angepasst. Das Hufeisen wird auf den Huf aufgelegt und mit Nägeln fixiert, wobei der Hufnagel eine spezielle Form mit einer Zwicke an der Spitze hat, um das Pferd nicht zu verletzen. Nachdem der korrekte Sitz des Hufeisens überprüft wurde, wird es in der Regel mit sechs Nägeln fixiert. Überstehende Teile an den Außenseiten des Hufs werden abgeschnitten, umgebogen und vernietet. Das Vernieten erfolgt mit einer Nietzange – mit einem Unterhauer wird ein Bett für den Nagel geschlagen und der Nagel daraufhin in das Bett gelegt. Feinschliff und Einfetten oder -ölen des Hufes sorgen abschließend für den nötigen Schutz der Hufoberfläche.

Das Handwerk wird - nach Lehrabschlussprüfung oder der erforderlichen Praxiszeit - im Rahmen der dreimonatigen Lehrganges „Huf-und Klauenbeschlag“ im Pferdezentrum Stadl-Paura in Oberösterreich (mit staatlicher Prüfung) unter der Leitung von Hufbeschlagsmeister Wilfried Wallner und Josef Frech (Berufsgruppensprecher in der Bundesinnung der Metalltechniker) an zukünftige Hufschmied:innen weitergegeben. Auch in Mistelbach in Niederösterreich wird eine dreijährige dualen angeboten Ausbildung angeboten, wo das traditionelle Handwerk erlernt werden kann. Mittlerweile wird der früher fast ausschließlich Männern vorbehaltene Beruf von mehr als ca. 20% Frauen ausgeübt. Die Gemeinschaft der Hufschmied:innen wird weiter gepflegt und durch nationalen sowie internationalen Austausch in Form von Wettbewerben, Weiterbildungen im Rahmen von Tierarzt- und Hufschmiede-Tagungen, Auftritten oder Schaubeschlagen sowie einschlägigen Messen und Veranstaltungen gefördert.

Immaterielles UNESCO-Kulturerbe

Im April 2024 wurden nun Wissen und Praktiken der Hufschmied:innen von der österreichischen UNESCO-Kommission in das Nationale Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Damit werden Traditionen, Handwerkskünste, Rituale oder Feste ausgezeichnet, die von Wissen und Können getragen und von einer Generation an die nächste weitergegeben werden.

„Das Wissen und die Praktiken der Hufschmied:innen zu schützen und anzuerkennen trägt dazu bei, das Bewusstsein für die Bedeutung der Hufschmiedehandwerkskunst zu schärfen und den Erhalt dieser Traditionen zu fördern. Dies ist auch ein wichtiges Zeichen für die Lehrausbildung der zukünftigen Hufschmied:innen“, sagt Harald Schinnerl, Bundesinnungsmeister der Metalltechniker:innen in der Wirtschaftskammer Österreich. „Hufschmied:innen werden nach wie vor gebraucht, um die Hufe von Pferden zu pflegen, zu beschlagen und bei Hufproblemen zu helfen. Die Lehrausbildung kombiniert traditionelle handwerkliche Fertigkeiten mit modernem Fachwissen.“

Josef Frech, der auch das Referat Hufbeschlag des Österreichischen Pferdesportverbands führt, betont: „Die Geschichte der Hufschmied:innen ist eng mit der Geschichte der Pferdenutzung und -haltung verbunden und spiegelt die Entwicklung von Technologie, Wirtschaft und Gesellschaft wider. Es ist eine große Ehre für uns, dass das Wissen der Hufschmied:innen ein Teil des UNESCO Kulturerbes ist.“

Faktor Wirtschaft

Auch der wirtschaftliche Faktor ist beträchtlich: Österreichweit bewirken rund 130.000 Pferde einen gesamtwirtschaftlichen Effekt im Wert von 2,1 Milliarden Euro und sichern bis zu 23.000 Arbeitsplätze. Österreich hat sich auch in der Zucht einen Namen gemacht, neben Lipizzanern mit anderen traditionellen Pferderassen wie Noriker, Haflinger, altösterreichisches Warmblut oder Shagy-Araber. Zudem ist das Kulturgut der Pferdedressur – mit dem prominentesten Beispiel der Spanischen Hofreitschule – ein wesentlicher touristischer Faktor.

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