Seit Mitte März dieses Jahres bestimmt die Corona-Situation auch die Pferdesport-Welt.
Wie geht es dir persönlich damit?
Belinda Weinbauer: Prinzipiell hat sich in der täglichen Arbeit mit den Pferden durch Corona für uns nicht so viel verändert. Klar würden wir wie viele andere Turnierreiter und Reiterinnen sehr gerne bald wieder starten, andererseits haben wir jetzt die nötige Ruhe uns auf gewisse Dinge in der Ausbildung zu konzentrieren, wo der Druck wegfällt. Seit Mitte Mai trainieren wir langsam wieder auf Turnierstarts hin, sollte es aber gar nicht anders gehen, wären wir auch bereit, das Training wieder zu reduzieren. Wir halten unseren Rhythmus, damit wir sechs Tage pro Woche im Stall arbeiten und am Sonntag Pause machen: die Pferde kommen dann auf die Koppel und ich habe jetzt mehr Zeit zum Kochen – das gibt es sonst während der Turniersaison nicht.
Das heimische Dressurteam hat sich als Mannschaft für die Olympischen Spiel qualifiziert, du bist als Mitglied des Olympiakaders eine Anwärterin auf einen Startplatz.
Weinbauer: Die Olympischen Spiele sind im Moment weit weggerückt und ich habe sie auch nicht in meinem Kopf. Ich warte jetzt einmal ab, ob und wann es die Qualifikationen dafür geben wird. Da es aber im Moment nur schwer einzuschätzen ist, müssen wir einfach flexibel bleiben, wie überhaupt in der Planung im Turniersport.
Was bedeutet für dich Teamgeist im Dressursport?
Weinbauer: Der Teamgeist untereinander hat sich schon in den letzten Jahren ganz toll entwickelt. Wir verstehen uns alle wirklich gut und es sind viele Freundschaften entstanden. Für mich persönlich ist dieses Miteinander am Turnier ganz wichtig, auch wenn im Viereck jeder für sich reitet. Rundherum gibt aber es eine positive Stimmung, wo wir uns gegenseitig konstruktives Feedback geben können oder auch einmal trösten, wenn etwas nicht gelungen ist. Das ist schon ein gutes Gefühl!
Du bist auch Trainerin und Mentorin junger Dressur-Talente – worauf achtest du jetzt in der Nachwuchsarbeit?
Weinbauer: Reiterinnen wie Lilli und Oskar Ochsenhofer (die beiden Mitglieder des OEPS-Talenteteams nahmen bereits an Nachwuchs-Europameisterschaften teil, Lilli holte 2015 bei den Children EM-Bronze, Anm.), die ich schon seit Jahren regelmäßig betreue, konnten auch während des Shutdowns selbständig gut zu Hause arbeiten. Jetzt kommen sie wieder regelmäßig zum Training. Für viele junge Reiterinnen und Reiter sind die Turniererfahrungen sicher wichtig und manche werden vermutlich einige Zeit brauchen, um sich wieder an die Turniersituation zu gewöhnen. Da geht es uns erfahrenen Reitern und manchen Pferden aber nicht viel anders. Ich sage den jungen Reitern: „Habt auch Spaß am Turnier und macht euch und eurem Pferd nicht zu viel Druck!“
Wie gehst du selbst mit dem Thema Druck um?
Weinbauer: Da unterstützt mich zum Glück ein Lebensgefährte Peter Gmoser ganz hervorragend. Sicher habe ich als Juniorin oder Junge Reiterin sehr oft Nerven gezeigt und bin mitunter knieweich an den Start gegangen. Jetzt sage ich mir: „Konzentrier' dich auf das Wesentliche – und nicht auf die Angst!“
Mit 1. Juli werden wieder Turnierstarts möglich sein. Wie planst du den Wiedereinstieg?
Weinbauer: Ich werde voraussichtlich zuerst bei einem nationalen Turnier an den Start gehen. Ich möchte meinen Pferden und mir selbst die Möglichkeit geben, dass wir uns nach vier Monaten Zwangspause wieder an das Turniergefühl gewöhnen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Die Top 3 Strategien gegen die Krise von Belinda Weinbauer:
Turnierpause als Chance: Auch wenn Corona-Zeiten mitunter genauso viel oder sogar mehr Arbeit durch Beritt oder Ausbildung erfordern, so bietet die lange Turnierpause die Möglichkeit, sich in Ruhe dem jeweiligen Ausbildungsschwerpunkt der Pferde zu widmen.
Teamgeist & konstruktives Feedback: Der sportliche Wettkampf findet im Viereck statt. Vor und nach dem Start tut es gut, sich gegenseitig aufzumuntern und mit konstruktivem Feedback zu unterstützen.
Sich selbst den Druck nehmen: Mit der richtigen Mischung aus Lockerheit, Konzentration und einer guten Einstellung ist am Turnierplatz mehr zu erreichen als wenn sich Reiter*innen selbst unnötigen Druck machen.
Zur Person:
Belinda Weinbauer reitet seit ihrem 9. Lebensjahr und gehört heute zur absoluten Spitze im heimischen Dressursport. Mit der Qualifikation des Dressur-Teams für die Olympischen Spiele in Tokio gilt die EM- und Weltcup-Finalistin sowie dreifache Staatsmeisterin als Anwärterin für einen Startplatz. Als Trainerin widmet sie sich viel dem heimischen Dressur-Nachwuchs und bildet gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Peter Gmoser auf ihrer Anlage im burgenländischen Sieggraben Dressurpferde aus.
Headerbild: (c) Christina Lechner