Umfrage-Ergebnisse: Mentaltraining im Pferdesport

02.04.2021 - Mentaltraining im Pferdesport muss den Sportpartner Pferd miteinbeziehen! Der Aufbau eines Einfühlungsvermögens in das Pferd oder die Selbstregulation der PferdesportlerInnen rangieren ganz oben bei den Themenwünschen in der Aus- und Fortbildung der TrainerInnen. Dies zeigt die erste gemeinsam durchgeführte Umfrage vom Österreichischem Pferdesportverband (OEPS) und dem Österreichischem Bundesnetzwerk Sportpsychologie (ÖBS).


Befragung von Personen mit einer Ausbildnerfunktion

PferdesportlerInnen wissen genau: Sie kommunizieren mit einem Lebewesen, das ihre emotionalen Reaktionen äußerst sensibel wahrnimmt und darauf reagiert. Das Erspüren der Anspannung des Pferdes oder der Umgang mit unvorhergesehen Reaktionen des vierbeinigen Sportpartners fördern Leistungsfähigkeit und Sicherheit für das Team PferdesportlerIn/Pferd. Erreicht wird dies auch durch Kenntnisse grundlegender Techniken des Mentalen Trainings in der pferdesportlichen Ausbildung.

Eine aktuelle Umfrage, an der sich österreichweit 151 Personen mit einer Ausbildnerfunktion im Pferdesport beteiligt haben, weist nun darauf hin, dass der Vermittlung mentaler Kompetenzen wie die Fähigkeit zur emotionalen Selbstregulation oder Reaktionsfähigkeit in der Ausbildung von ÜbungsleiterInnen oder InstruktorInnen mehr Augenmerk geschenkt werden sollte. Durchgeführt wurde die ONLINE-Befragung auf Initiative von Sportpsychologin Mag. Christina Lechner (ÖBS) und Mag. Viktoria Weber (Mentaltrainerin & Reitinstruktorin Islandpferde) in Zusammenarbeit mit dem Ausbildungsreferat des OEPS sowie dem ÖBS.

Ergebnisse

Die Ergebnisse belegen, dass Pferdesport eine Domäne der Jugend bzw. junger Erwachsener ist: Rund ein Drittel (31,8%) der befragten AusbildnerInnen geben an, die Mehrheit der von ihnen betreuten PferdesportlerInnen ist in der Altersgruppe 11 bis 16 Jahre, knapp ein Viertel (24,5%) betreut hauptsächlich SportlerInnen zwischen 17 und 25 Jahren, 11,3 Prozent bilden vor allem Kinder unter zehn Jahren aus.

Mentale Kompetenzen wurden nach Meinung der Befragten in den Ausbildungsstufen allerdings überhaupt nicht (21,3%) bzw. nur „genügend“ oder „nicht genügend“ vermittelt (15,2 bzw. 21,9%). Ein „Befriedigend“ geben 23,2 Prozent der Befragten den sportpsychologischen Ausbildungs-Inhalten, nur 18,6 Prozent beurteilen sie als „sehr gut“ bzw. „gut.“ Allerdings muss hier darauf hingewiesen werden, dass der Großteil der Umfrage-Teilnehmer keine staatliche Ausbildung absolviert hat (66,9% Übungsleiter). Sportpsychologie bzw. Mentaltraining sind aktuell in den Ausbildungen zum Übungsleiter noch nicht fix verankert, während in staatlichen Instruktoren- und Trainer-Ausbildungen in Zusammenarbeit mit den Bundessportakademien Sportpsychologie/-pädagogik auf dem Stundenplan steht.

Die Ergebnisse der Befragung unterstreichen weiters, dass es für den Pferdesport angepasste Ausbildungsinhalte in der Sportpsychologie geben sollte: Die Themen „Einfühlungsvermögen in den Sportpartner Pferd“ und „Rasches Einstellen auf unvorhergesehen Reaktionen des Pferdes“ werden als am wichtigsten eingestuft, gefolgt von „Umgang mit Ängsten“ oder „Regulation der eigenen Gefühle“.

Nach Ansicht der AusbilderInnen sollten PferdesportlerInnen folgende mentale Kompetenzen erlernen:
• Einfühlungsvermögen in den Sportpartner Pferd
• Rasches Einstellen auf unvorhergesehen Bedingungen od. Reaktionen des Pferdes
• Umgang mit Ängsten
• Regulation der eigenen Gefühle
• Regulation der eigenen Spannung
• Bewältigung von Fehlern und Rückschlägen
• Bewältigung von Fehlern und Rückschlägen

Ausbildungsprozesse reflektiert

Die befragten Personen mit Ausbildnerfunktion im Pferdesport unterscheiden weiters deutlich nach der Altersgruppe der betreuten SportlerInnen: Während bei ganz jungen (unter 10) der Aufbau des Einfühlungsvermögens in den Sportpartner Pferd am wichtigsten eingeschätzt wird, wollen TrainerInnen 11- bis 16-Jährige besonders im Umgang mit Rückschlägen oder beim Aufbau von Selbstsicherheit unterstützen. Bei 17- bis 24-Jährigen wird zudem die Entwicklung sportlicher Zielsetzungen als sehr bedeutend eingestuft.

„Diese Ergebnisse zeigen, dass sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Befragung ganz genau mit dem Thema auseinandergesetzt und sehr bewusst ihre Ausbildungsprozesse reflektiert haben“, sagen die Initiatorinnen der Befragung, Mag. Christina Lechner und Mag. Viktoria Weber. „Sie zeigen aber auch, dass sich Trainerinnen und Trainer wünschen, in ihren Aus- und Fortbildungen konkretes Wissen vermitteln bekommen, wie sie mentales Training in den das Reit- oder Voltigiertraining integrieren können.“

Seitens des Bundesnetzwerks Sportpsychologie (ÖBS) haben Mag. Andrea Engleder und Mag. Andreas Hofer an der Befragung mitgearbeitet. „Die Ergebnisse zeigen, dass Trainerinnen und Trainer aus dem Pferdesport eine grundlegende sportpsychologische Ausbildung brauchen, um dieses Wissen von Beginn der pferdesportlichen Ausbildung an die Sportlerinnen und Sportler kompetent weitergeben zu können“, sagt dazu Engleder.

Für die Ausbildungs-Referentin des Österreichischen Pferdesportverbandes, Dr. Susanna Kleindienst-Passweg, ist somit klar: „Das Arbeiten an mentalen Kompetenzen wird einen Platz in zukünftigen Fortbildungen des OEPS einnehmen.“

Erfolgreiche Kooperation

„Nicht zuletzt ist die Durchführung der Befragung ein tolles Beispiel für die Zusammenarbeit in der Pferdesport-Familie“, resümiert Lechner. „Alle Projektpartner haben rasch und unbürokratisch zusammengearbeitet.“ Der Link zur Befragung wurde unter anderem von den Pferdesport-Landesverbänden über deren Websites bzw. „Social Media“-Seiten geteilt. Nur so ist es gelungen, dass sich so viele Personen mit Ausbildnerfunktion in kurzer Zeit daran beteiligt haben.